An der (Un-)Regelmässigkeit meines Blogs ist ersichtlich, wie langsam ich wirklich bin. Auf der Insel La Graciosa verfiel ich jeden Tag einer tieferen Beschaulichkeit. Mein Notizblock wanderte im Rucksack mit mir über Sandstrassen und steinige Pfade, doch es kam kaum zum Einsatz. Ich betrachtete stundenlang das blau-grün-türkise Meer und die Wolken, die durch den Himmel zogen. Im Zimmer meiner kleinen Pension häufte sich der Sand an, in meinen Kleidern setzte sich Salz und rote Erde fest. Auf den Felsen von Caleta del Sebo reinigten Fischer abends ihren Fang, und in der Strandbar des Dorfes erfrischten sich am späten Nachmittag erschöpfte Vulkanwanderer. Nach einigen Tagen war mir jedes Gesicht bekannt, die deutschen Segler, die spanischen Surfer und die unermüdlichen Biker. Es gab nichts zu tun, und genau das tat ich.
Inseln hatten für mich schon immer diese Faszination. Sie sind abgeschlossen, endlich, und trotzdem scheinen sie unendlich weit durch das Wasser, das sie umgibt. In mir entsteht jedes Mal das Gefühl, die Flügel aufspannen und davonfliegen zu wollen.
Am letzten Abend sass ich stundenlang mit einem zugewanderten (bzw. mit seinem Segelboot gestrandeten) Gallego auf der Mauer am Hafen vor dem kleinen Restaurant und philosophierte übers Leben. Er sagte mir, anfangs Woche hätte ich in einer kurzen Zeit
fünf mal das Wort "Arbeit" verwendet, und nun schon mehr als fünf mal das Wort "nichts". Arbeit und Effizienz wurden zu Fremdwörtern. Ich war definitiv im Inselmodus.
Der Abschied war schwer. Mit einem Schiff abzureisen ist mehr Abschied als jeder andere. Das Schiff verlässt den Hafen und du entfernst dich langsam, alles scheint noch nah, und doch ist die Insel ab diesem Moment wieder unerreichbar und fern.